„Glück auf in Deuschland“

30. März 2016 | Von | Kategorie: Veranstaltungen

gruppe-ausschnitt“Glückauf in Deutschland” ist nicht nur eine Ausstellung. Das Projekt umfasst auch ein Buch, in dem die Lebensgeschichten der neun Jugendlichen, die 1964 mit 13, 14, 15 Jahren aus der Türkei zur Bergmannslehre in das Ruhrgebiet kamen und fast alle in
deutschen Pestalozzifamilien lebten, noch ausführlicher dargestellt werden. Es sind spannende Geschichten über Fremdheit, Akzeptanz, Toleranz, Heimweh, Herausforderungen und auch über die Erfolge und Lebensleistungen der heute über 60-Jährigen.

Gespräch mit Frau Dr. Viktoria Waltz über das Projekt „Glück auf in Deuschland“ von VIF e.V.

G.C.: „Frau Dr. Waltz, können Sie uns das Projekt „Glück auf in Deuschland“ erklären?“

Frau Dr. Waltz: „Es ist das jüngste Projekt in einer Reihe von der wir bereits mehrere Projekte gemacht haben die sich mit der Spurensuche der ersten Generation beschäftigen. Hier hat sich herausgestellt dass dies eine besondere Gruppe ist, die 1963 von der Türkei nach Deuschland kam. Denn es waren Jugendliche, 13, 14 15 Jahre alt, sie wurden als Lehrlinge angeworben. Sie sollten hier eine Ausbildung machen können, der Bergbau im Ruhgebiet brauchte Nachwuchs und die deutschen Jugendliche wollten nicht unter Tage. Und in der Türkei gab es für die Jungendlichen wenig Perspektiven also auch kein Studium und keinen sicheren Job. Im Grunde gab es keine Aussichten. Und so hat sich das zusammen wie eine Win/Win-Situation ergeben für beide Seiten.

Und diese Jungs sind für uns ein Beispiel dafür wie Integration selbsverständlich wird. Fremde, ob Muslime, ob Türken, oder welche Nationalität auch immer, und welcher Kultur auch immer, es macht alles kein Problem wenn die Menschen empfangen werden. Sie kamen im November 1963 in keiner schönen Situation an – man kann sich das vorstellen: Von der Türkei nach Castrop oder nach Huckarde, im dunklen Wetter und alles grau. Sie kamen zunächst zur Lehre und begannen also in der Lehrwerkstatt der jeweiligen Zeche. Dann lebten sie in deutschen Familien die für sie gesorgt haben. Das waren Pestalozzi-Familien die durch die Zeche ausgesucht wurden und die sich auch vorher um deutsche Kriegswaisen gekümmert hatten die Lehrlinge geworden sind. Und nun kamen eben türkische Jugendliche, das war für sie alle neu, alle sagen aber heute dass sie heute noch befreundet sind und ihnen die Familien wichtig geworden sind.“

G.C.: „Kann man sagen dass es Ziel des Projekts auch ist das Älterwerden in Deutschland zu zeigen?“

Frau Dr. Waltz: „Ja, sicherlich. Älter werden in Deutschland und wie man den Spagat geschafft hat zwischen der Türkei und Deutschland, zwischen zwei Kulturen, zwei Sprachen. Die Botschaft ist die: Es geht wenn die Bedingungen gut sind. Es passt ganz schön in die Zeit.“

G.C.: „Was machen die Jugendlichen von einst heute?“

Frau Dr. Waltz: „Sie sind alle inzwischen Rentner. Es haben fast alle die Ingenieurfachschule besucht, sie sind Steiger, Ingenieure, Techniker gewesen. Sie leben alle hier und machen den Spagat jetzt anders herum: sie sind in den Ferien in der Türkei. Wir hatten vor ein paar Tagen eine Veranstaltung zum Thema Heimat, da sagen sie: „Wir haben zwei Mal Heimat, Türkei und Deutschland. Aber wenn ich solange in der Türkei bin dann sage ich zu meiner Frau lass uns nach Hause gehen und ich meine Dortmund. Wenn dann das Wetter so schön wird dann sage ich wir müssten in der Türkei sein“.

G.C.: „Danke für das Gespräch.“

Weitere Informationen finden Sie auf unter www.vifdo.wordpress.com

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