“Wo bist du, Heimat?“Wege aus der Isolation von älteren Migrantinnen und Migranten in Dortmund

27. Februar 2016 | Von | Kategorie: Aktuell, Netzwerk

Fachtagung am 25.02.2016 im Wilhelm-Hansmann-Haus  /

Vortrag Dr. Gürsel Capanoglu  /

Liebe Gäste, seien Sie herzlich willkommen!

20160225_152530Gemeinschaft, je nachdem aus welcher Nation die Menschen stammen, bestehen  Unterschiede.
Von den 12.000 Einwanderern in Dortmund im Alter ab 60 Jahren bilden aktuell die türkischen Migranten  die Mehrheit.

Einer der Hauptängste älterer Menschen  ist die Sorge um ihr wirtschaftliches Auskommen im Alter. Nach Dr. Fatma Yücel Beyaztaş führen schlechte wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Alter zu sozialen und psychologischen Problemen.
Bei älteren Migranten werden diese Probleme noch verstärkt. Ihr Leben beginnt mit Migration und Heimatverlust und bringt viele Stolpersteine mit sich, z.B. Sprachprobleme, Ängste, Einsamkeit und sozialer Isolation. Im Alter treten chronische Krankheiten häufiger auf, man lässt körperlich nach und es fällt schwerer den Alltag zu bewältigen. Gesundheitsfragen bestimmen Lebensqualität und Lebenszufriedenheit.
Mit sozialer Isolation ist hierbei die soziale Einsamkeit und das Ausgeschlossensein aus der Gesellschaft gemeint.
Die in Dortmund lebenden älteren Migranten erfahren diese Isolierung in zweierlei Hinsicht
1. man ist in der eigenen Gemeinschaft isoliert
2. das allgemeine gesellschaftliche Leben in Dortmund ist gestört

Eine Erklärung ist, dass der ältere Migrant alleinstehend ist und Sprachprobleme hat. Er wird  bei bürokratischen Verfahren alleingelassen und ist hilflos. Oder er ist wegen Krankheit im Haus isoliert.
Analphabetismus und niedriges Bildungsniveau dieser älteren Bevölkerung bringt Schwierigkeiten bei Gesundheitsfragen und bürokratischen Problemen. So setzt sich ihr Leben in Isolation fort.
Die einst große Familienstruktur von „türkischen“ aber auch der anderen  Zuwanderer hat sich verändert. Heute leben nicht mehr viele Familienmitglieder in einem Hausstand. Während man in der Vergangenheit noch die verheirateten Kinder mit ins Haus nahm und zusammenlebte,  ziehen die Kinder heute aus. Einst hieß es: Die Pflicht der Kinder ist es ihre Eltern im Alter zu versorgen. Aber wegen  Berufstätigkeit und oft weil die Arbeitsstelle entfernt von ihren Müttern und ihren Väter ist, können sie sich um deren Belange nicht mehr kümmern.

Es gibt auch Sprachprobleme und kulturelle Barrieren :
Ohne Kenntnis der deutschen Sprache über 50 Jahre  in Deutschland zu leben beschert  nicht nur der  älteren Generation große Schwierigkeiten, sondern auch der jüngeren Generation. Die Isolation beginnt schon in dem Moment des Nichtlernens der Sprache.
Die Sprachbarriere älterer Migranten in Deutschland isoliert sie in den verschiedenen Bereichen des sozialen Lebens.

Die von der Stadt Dortmund angebotenen sozialen Aktivitäten für ältere Menschen werden nicht wahrgenommen. Eine Beziehung zur deutschen Bevölkerung besteht oft nicht. Es fehlt der Zugang zu Angeboten .

Entweder man lebt allein oder die Einsamkeit wird über Migrantenvereine gelöst.
Für ältere Menschen bedeutet dies keine Teilhabe am sozialen Leben in Dortmund.

Wenn aber ein kulturübergreifender Austausch oder eine Verständigung zustande kommt, wird die eigentliche fremde Kultur nicht länger als fremd wahrgenommen. Nach einer Weile kann sie auch zur eigenen Kultur werden.

Sich als aktiver Bürger in der Gesellschaft organisieren

Um an der sozialen Struktur der Stadt mitzugestalten, also die soziale Isolierung zu durchbrechen, muss man ein aktiver Bürger in vielen Bereichen des Lebens sein.

Die Senioren, aber auch deren Angehörige, müssen anfangen sich freiwillig untereinander zu helfen. Vor allem in den  Migrantenvereinen und Gemeinden sollten soziale Beziehungen gepflegt werden.

Ich möchte Ihnen von einem Beispiel aus dem Engagement von  Infrado e.V.  bezüglich des Projekts „Älter werden – aktiv bleiben: Was rastet, das rostet – Netzwerkaufbau und Qualifizierung von Senioren- und Medienlotsen“, das  im Jahr 2015 umgesetzt  wurde, kurz berichten.

Das Projekt wurde vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein Westfalen und der Stadt Dortmund, Miadoki, unterstützt.
Unser Ziel war es, Multiplikatoren aus den MSOs zu finden. Diese sollten nach einer Schulung im Projekt in ihren MSOs Gruppen für ältere Menschen schaffen und als Ansprechpartner fungieren.
Hauptzielsetzung war es Probleme im täglichen Leben von älteren Menschen herauszufinden. In dieser Qualifizierung haben wir 10 unterschiedliche Themen in der Schulung in einem Zeitraum von  ca. 10 Monaten behandelt. 5 Migrantenorganisationen zeigten Interesse an diesem Thema. Sie beteiligen sich an dieser Arbeit.

Eine Internet-Seite wurde erstellt mit der Unterstützung durch Miadoki. Daraus ist ein Webportal entstanden zur gemeinsamen Wissensnutzung. Die Internetseite www.seniorenlotsen-dortmund.de dient der Vernetzung von Vereinen, städtischen Einrichtungen und Projekten und bietet hierdurch vielschichtige  Informationen zur  Seniorenarbeit in Dortmund.
Die Seite bietet eine Übersicht über Angebote, Aktionen, Projekte und Veranstaltungen. Neuigkeiten und Fachinformationen zum Thema Seniorenarbeit werden vorgestellt, nicht nur für ältere Migrantinnen und Migranten, sondern auch für die betreuenden Angehörigen.

Ich bin der Meinung, dass die wichtigste Aufgabe in diesem Bereich den Migrantenorganisationen zukommt. Wenn die Kommunalpolitik Programme für ältere Migranten in Dortmund anbietet, sollten unbedingt Migrantenverbände und Moscheegemeinden sich einbringen bzw. sich einbeziehen lassen wollen. Es müsste in Ihrem Interesse sein aktiv mitgestalten zu wollen.
In ihren eigenen Einrichtungen sollten „Selbsthilfe“ Seniorengruppen erstellt werden.
Sie sollten Freiwilligen Arbeit für ältere Menschen organisieren.
Die Stadt Dortmund sollte bei Angeboten für ältere Menschen auch Angebote für die Beteiligung von älteren Zuwanderern gewährleisten.
Der Vortrag von  Frau Gerlling bietet die Möglichkeit das Thema zu vertiefen..

Ich wünsche Ihnen allen eine gute Arbeit.

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